Gerade habe ich wieder ein kleines Abenteuer hinter mich gebracht: ich befinde mich auf dem Rückweg aus den Untiefen meines Email-Postfaches. Warum es ein Abenteuer ist? Nun, ich bin einer der vielen Kunden des US-amerikanischen Onlinedienstes AOL. Spätestens mit diesem Statement dürfte ich unsere Leserschaft in zwei Lager gespalten haben, nämlich in jene, die unsere Seite nun voller Protest aus ihren Favoriten löschen und sich gebärden wie ein kleines Kind, das den Weihnachtsmann gerade als Onkel Donnie entlarvt hat, und in jene, die gerade vor Lachen in ihren Kaffee geprustet haben. Mahlzeit.
Lasst mich diesen charakterlichen Fehltritt erklären. Es wäre vollkommen falsch zu sagen, dass ich ein glühender Anhänger jenes umstrittenen Anbieters bin. Vielmehr ist es so, dass ich im Alter von 11 oder 12 Jahren meinen eigenen Account bei AOL bekam, und da er seither kostenfrei geblieben ist und ich mir den Stress stets erspart habe, mir woanders einen neuen einzurichten, benutze ich ihn noch immer.
Auch wenn mir schon so oft die Nachteile jenes Unterfangens dargelegt wurden – unsichere Passwörter, betrügerische Adware, angebliche Weitergabe von persönlichen Daten – habe ich das immer weitgehend ignoriert. Ich konnte Mails schreiben, ich konnte Mails empfangen, die Welt war bunt und glitzerte. Nur ein Feature, und nun findet diese Einleitung endlich ein Ende, brachte mich stets auf die Palme: der Spamfilter.
Der AOL-Spamfilter lässt sich in vier Stufen einstellen, nämlich „aus“, „niedrig“, „mittel“ und „hoch“. Das mag auf den ersten Blick als sinnvoll und fair erscheinen. Für den Benutzer bedeutet das jedoch, dass er die Wahl hat, entweder jede Menge Spammails zu empfangen (Einstellungen „aus“ bis „mittel“) oder gar keine Mails mehr (wenn man die Einstellung „hoch“ wählt). Ich habe meinen Spamfilter seit jeher auf „mittel“ geschaltet, womit ich anscheinend einen schmalen Grat zwischen innerem Frieden und Wahnsinn beschreite und eben hin und wieder Mails bekomme, die anscheinend nicht von teuren Freunden und Arbeitgebern stammen.
Gerade entdeckte ich eine Mail mit dem Titel „elect Vlaqrma Clalls“. Zu gern hätte ich mich an dieser Wahl beteiligt, doch hatte ich von diesem Namen noch nie gehört, und eine kurze Recherche ergab, dass sich hinter Vlaqrma nicht etwa ein transsilvanischer Regionalpolitiker verbirgt, sondern dass es diesen Namen überhaupt nicht gibt. Erstaunt über den Aufruf, einen nicht existenten Menschen zu wählen, öffnete ich die Mail und bekam folgendes zu Gesicht:
Harry? Hermione? Hufflepuff? Die Namen kamen mir bekannt vor, nur der Kontext ließ sich mir nicht erschließen… definitiv schienen sie nicht in diese Mail zu gehören. Auch der Sinn des Buchstabensalates darüber blieb mir verborgen. Z g f c u? Zum Gruße, Freund der chinesischen Unterwelt? Oder litt die Verfasserin bloß an Parkinson? Der eigentliche, weil einzig halbwegs aussagekräftige Teil der Nachricht scheint das zu bestätigen. Ich habe noch nie von einem Produkt namens „Viagrma“ gehört, und ein kurzer Blick auf die angegebene Internetpräsenz klärte mich darüber auf, dass eigentlich „Viagra“ gemeint war. Das fand ich reichlich irreführend, ebenso wie der angegebene Preis: das Produkt war keineswegs für 1,09$ zu haben, sondern nur in Familienpackungen zum Preis von 33$ bis 180$.
Allerdings waren jede Menge Informationen über das Produkt vorhanden. „Etwa 50% aller Männer über 40 leiden unter Erektiler Dysfunktion“, heißt es auf der Website (ich war so frei, es zu übersetzen), ein Problem, dass Viagra lösen könne. Mit der „Erektilen Dysfunktion“ hat man hier die wissenschaftliche Bezeichnung gewählt, wahrscheinlich weil es bei gleicher Bedeutung weniger direkt klingt als „Impotenz“ oder „Zeugungsunfähigkeit“, eine Verharmlosung, wie etwa bei den Bezeichnungen „Einflussspende“ oder „Friedenserzwingende Maßnahmen“. Nebenwirkungen seien lediglich „Kopfschmerzen“, „Magenschmerzen“, „Lustlosigkeit“ (wirklich, eine gute Werbung für das Produkt), „Lichtsensibilität“, „plötzlicher Verlust der Sehkraft“, „verschwommene Sicht“ und, mein persönlicher Favorit, „bläuliche Sicht“. Na, wenn das alles ist, dann her mit dem Zeug!
Alles in allem eine sehr merkwürdige Email, die Vickie Scruggs mir da zugesandt hatte (eigentlich hatte ich vor, den Namen zu zensieren, aber bleiben wir doch sachlich: wer verirrt sich schon auf diese Website?).
Mir scheint, die Dame hatte noch ganz anderes eingeworfen, als sie an mich und vier andere Menschen Mails verschickte mit der Aufforderung, nichtexistente Menschen zu wählen, einen Auszug aus „Harry Potter“ zu lesen (ja, ich habe nachgeschlagen), ein Buchstabenrätsel zu lösen sowie eine Familienpackung eines – falsch geschriebenen – Produktes zu erwerben, welches mir verspricht, mich mit Kopf- und Magenschmerzen durch eine Welt spazieren zu lassen, die sich urplötzlich in eine Aufführung der Blue Man Group verwandelt hat und das für Männer konzipiert wurde, welche doppelt so alt sind wie ich es bin.
Natürlich konnte ich da nicht anders, als ihr meinerseits einen guten Tipp zu geben. Ich bin gespannt, ob ich von ihr eine Rückmeldung bekomme… der Fall „Vlaqrma Clalls“ ist sicherlich noch nicht zu den Akten zu legen.
- Dude-
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